Nach 20 Jahren Inaktivität haben Musical Massacre die Bandarbeit anno 2012 wieder aufgenommen, einige Umbesetzungen später stand
2013 wieder eine feste Besetzung, und ein weiteres Jahr später nahm diese Truppe im eigenen Proberaum das neue Album "Hell Tank 666"
auf, das abermals ein Jahr später via German Democratic Recordings das Licht der Welt erblickt, nachdem der Re-Release der alten
Demoaufnahmen beim gleichen Label offenbar auf einiges Interesse stieß. Von der bis 1992 aktiven Besetzung sind noch Gitarrist
André Hase und Bassist Uwe Limburger dabei, Gitarrist Olaf Gerold kommt von den einstigen Nachbarn Deathtrap (auch schon mit alten
Demoaufnahmen auf German Democratic Records vertreten), Sänger Ralph Geyhler kennt der Szeneexperte vielleicht noch von Refractory,
und nur Drummer David Beier ist ein bisher eher unbeschriebenes Blatt. Dieses Quintett nun klingt so, als habe es die 20 Jahre
Inaktivität nie gegeben - die fünf neuen Songs des Albums schließen stilistisch nahtlos an das frühe Schaffen an. Will heißen:
Es gibt überwiegend schleppenden Death Metal zu hören, der nur gelegentlich in höhere Geschwindigkeitsbereiche vordringt, aber auch
dann meist bei Stakkati im oberen Midtempo haltmacht. Für Knüppelfreaks sind Musical Massacre also weniger geeignet, aber wessen
deathmetallische Referenzbands nach wie vor Asphyx, Autopsy oder Abhorrence heißen, der bekommt hier das, was er mag. Als weitere,
im Demo-Review noch nicht angeführte Einflußgröße treten Bolt Thrower hinzu, und nicht zufällig hat man auch deren "Zeroed" in einer
gelungenen Coverversion hier verewigt. Mit den Briten teilen Musical Massacre auch das Interesse an Kriegsthematiken, wie gleich
der dem klassischen, von Pierre Gerwig Langer komponierten Intro folgende Opener "Stalingrad" darstellt, der natürlich keine Accept-
Coverversion darstellt und in deutscher Sprache über die Kämpfe um ebenjene Stadt berichtet, wobei man angehörs Geyhlers tiefem
Gesangsstil zweimal hinhören muß, um die Sprache zu erkennen (Lyrics liefert das Booklet nicht mit, aber es dürfte angesichts der
Songtitel mal wieder ziemlich klischeehaft zugehen). So weit von Ur-Sänger Silvio Zeller liegt der Neue stimmlich durchaus nicht
entfernt, wenngleich es durchaus Unterschiede gibt, wie man im letzten Song "Dark Reality" schön nachvollziehen kann, denn hier
ist Zeller als Gastsänger zu hören (und klingt ein bißchen angestrengt, so als ob er nicht aktiv im Training stünde). Wem der
Songtitel bekannt vorkommt, der kann sich bestätigt fühlen: Mit "Nosferatu" und ebenjenem "Dark Reality" beschließen nach dem
Bolt-Thrower-Cover zwei Neueinspielungen alter Musical-Massacre-Tracks das allerdings auch in dieser Form mit 34 Minuten noch
relativ kurze Album, das freilich in puncto Massivität problemlos überzeugt und außerdem demonstriert, was man mit Homerecording
heutzutage für Ergebnisse erreichen kann, wenn man für die "Nacharbeit" noch einen Profi hinzuzieht (im vorliegenden Fall Patrick W.
Engel vom Temple-Of-Disharmony-Studio, sozusagen Haus-und-Hof-Produzent von German Democratic Recordings). Apropos "Nosferatu":
Das Albumintro hat bereits deutlich gemacht, daß Musical Massacre das Einbinden von Elementen der klassischen Musik, das sie bereits
in ihrer Frühphase pflegten, auch heute noch praktizieren, und so entdeckt man in "Nosferatu" dann auch Chopins berühmtes
Trauermarsch-Thema, das sich der allgemeinen musikalischen Tendenz prima einfügt. Im Direktvergleich mit früher sind die Songs
tendenziell sogar noch etwas langsamer geworden - daß "Nosferatu" hier den oberen Endpunkt der Geschwindigkeitsskala markiert,
obwohl es außer mit dem Chopin-Trauermarsch auch noch an anderen Stellen mit doomigen Parts durchwirkt wurde, spricht Bände.
Was Musical Massacre dagegen nicht ins neue Schaffen "hinübergerettet" haben, ist der fast schon inflationäre Gebrauch des Wortes
"of" in den Songtiteln - selbiges kommt auf der neuen Scheibe nämlich überhaupt nicht vor. Aber diese philologische Besonderheit
dürfte nicht überzubewerten sein ... Fans der oben genannten Bands könnten hier jedenfalls interessantes neues Futter finden.
(geschrieben von Roland Ludwig im April 2016)
|