PRESSE-ECHO ZU "NECROBESTIALITY (1991-1992)"

 
 

Kurzer historischer Exkurs: 1988 in der damaligen DDR unter dem Namen Bloodbath gegründet, direkt nach der Wende, 1990, den Bandnamen in Richtung MUSICAL MASSACRE verschlimmbessert und nach zwei Demos aufgelöst. Zwei der Musiker gründeten ein Jahr später die Death-Metal-Truppe Purgatory, der Rest der Band verschwand von der musikalischen Bildfläche.
Vorliegende Scheibe umfasst die beiden Demos "The Evil's Incanation" (1991) und "Necrobestiality" (1992) sowie ein Proberaum-Tape aus dem Herbst 1991 - und die insgesamt 19 Nummern (inklusive zwei Intros) wurden vom unverzichtbaren Hand-Dampf-in-allen-Gassen, Patrick W. Engel, soundtechnisch auf Vordermann gebracht.
M.M. standen für gegurgelten Doom-Death, der hin und wieder auf Midtempo-Geschwindigkeit beschleunigt wurde und Parallelen zu Autopsy und Asphyx aufweist. Allerdings nistet sich das gehacke im unteren Tabellendrittel der zweiten Liga ein, dies muß klar betont werden. Für Historiker und Komplettisten!

(geschrieben von Wolf-Rüdiger Mühlmann, erschienen in DEAF FOREVER Nr. 4, Bewertung 5,5 von 10)


 
 

Vor vielen Jahren, als der Schreiberling anlässlich eines Interviews mit Purgatory- Gitarrist René Kögel in Kontakt stand, übermittelte dieser eine Zusammenstellung von alten, raren Songs seiner Band auf Tape. Darunter befanden sich auch Stücke des zweiten MUSICAL MASSACRE – Demos "Necrobestiality", einer Gruppe, die sich 1989 zunächst unter dem Namen Bloodbath formierte. Ein Jahr später erfolgte die Umbenennung in MUSICAL MASSACRE. Leider war der Formation keine allzu lange Lebenszeit vergönnt, löste man sich 1992 doch schon wieder auf, wobei ein Teil der Mitglieder Purgatory gründeten und von da an ein weiteres Stück Death Metal – Geschichte schrieben… Die beiden von MUSICAL MASSACRE veröffentlichten Demos "The Evil‘s Incarnation" und "Necrobestiality" waren in Underground-Kreisen ziemlich legendär, frönte die Gruppe doch einer räudigen Mischung aus alten Asphyx und Autopsy, die durchaus für Begeisterung zu sorgen verstand. Das Ost-Metal-Label German Democratic Recordings bringt nun eine umfassende CD randvoll mit altem MUSICAL MASSACRE – Material heraus: Die beiden Demos sowie vier Rehearsal-Tracks aus dem Jahr 1991 ergeben insgesamt 19 Songs respektive über 70 Minuten randvoll mit düsterem Todesblei. Remastert und restauriert wurde das Tondokument natürlich wieder von Patrick W. Engel. Der rabiate Sound von MUSICAL MASSACRE ist auch heute noch, nahezu ein viertel Jahrhundert nach Erscheinen der Demos, aktuell, quasi zeitlos. Ausführliche Linernotes sowie rare Bandfotos finden sich im Booklet. Darüber hinaus kündigen German Democratic Recordings an, im März ein (erstes) Studioalbum der mittlerweile reformierten Formation herauszubringen. – Man darf gespannt sein, ob MUSICAL MASSACRE anno 2015 noch Songs abliefern können, die das Niveau der superben frühen Stücke halten können...

(geschrieben von Christian Wachter, erschienen in LEGACY Nr. 95)


 
 

Zwischen 1988 und '92 ging das MUSICAL MASSACRE ab (zunächst noch unter dem Namen Bloodbath), dann sollten die altgedienten Ost-Deaths Purgatory aus der Truppe hervorgehen. Seit 2012 sind MUSICAL MASSACRE wieder aktiv, und das rührige German-Democratic-Recordings-Label hat nun die beiden Demos sowie eine Proberaumaufnahme von Anfang der Neunziger auf CD veröffentlicht. Die bewährten Hände von Patrick W. Engel haben beim Restaurieren der Aufnahmen ganze Arbeit geleistet, denn der Doomdeath der Sachsen klingt angesichts seines Alters und der damals vermutlich geringen technischen Voraussetzungen verdamt gut. Wer sich also für die Entwicklung des Extrem-Metal in Ostdeutschland zu Wendezeiten und kurz danach interessiert, erhält diese Scheibe für zehn Euro (plus Versand) bei gdr.ostmetal.de.

(geschrieben von Stefan Glas, erschienen im ROCK HARD Nr. 335, Bewertung 8 von 10)


 
 

Musical Massacre waren Nachbarn von Deathtrap, deren Schaffen ja bereits von German Democratic Recordings aufgearbeitet worden ist, und über Gitarrist Olaf Gerold, der Bestandteil des aktuellen MM-Line-ups ist und bei Deathtrap viele Zügel in der Hand hielt, haben beide Bands auch eine strukturelle Verbindung. Vor der 2012er Reunion lagen allerdings 20 Jahre Inaktivität und vor denen wiederum vier Jahre Aktivität, darunter zwei als Bloodbath und dann zwei als Musical Massacre. Letztgenannte Periode erbrachte zwei Demos als offizielle Tonzeugnisse, und diese bilden zusammen mit einem Proberaummitschnitt die 73 Minuten der nun vorliegenden CD. Undergroundfanatiker werden das Material des ersten Demos "The Evil's Incarnation" möglicherweise bereits in anderer Form in der Kollektion stehen haben, denn es wurde 1999 in Vinylform wiederveröffentlicht. Das Material auf der vorliegenden CD ist allerdings reziprok chronologisch angeordnet, so daß der Silberling mit dem zweiten, 1992 eingespielten Demo anhebt, das der gesamten Scheibe auch den Titel verlieh, obwohl deren Coverbild eine Neuzeichnung des Covers des ersten Demos zeigt (unappetitlich genug sind freilich beide Democovers und auch das CD-Cover, und auch das Textgut dürfte eher zur unangenehmen Sorte gehören). Musical Massacre spielten Death Metal, den das Infoblatt mit Asphyx und Autopsy vergleicht - aber auch finnische Bands wie Abhorrence tauchen immer mal im Gedächtnis des Hörers auf, und will man in der deutschen Szene bleiben, taugen Torchure als Referenzband, wobei Musical Massacre nicht deren zumindest auf dem Debütalbum spürbaren Hang zu extrem doomigen Passagen aufwiesen, wenngleich auch sie eher selten aufs Gaspedal drückten, sondern sich zumeist im Midtempo durch die Kompositionen schlängelten und nur gelegentlich Ralph "Olga" Richter die Schlagzahl nach oben schrauben ließen. Zudem machten sie nicht mal vor Akustikpassagen halt, wenngleich sie sich nicht mehr so weit nach vorne trauten, diese songstrukturtragende Funktionen erfüllen zu lassen. Dafür bauten sie klassische Passagen ein, so gleich im Intro des zweiten Demos und dann nochmal in der Einleitung von "Fear Of Pain", wobei sie bevorzugt Material von Carl Orff nutzten, was damals hier in Sachsen mehr oder weniger die "Standardquelle" war, die beispielsweise auch Healer angezapft hatten, sich möglicherweise auf das Sepultura-Vorbild berufend, die zu "Arise"-Zeiten "O Fortuna" als Showintro benutzt hatten (zwar schöpften auch Iced Earth auf ihrem Meisterwerk "Night Of The Stormrider" aus der Orff-Quelle, taten das allerdings in deutlich originellerer Weise und kommen allein schon stilistisch und wahrscheinlich auch chronologisch hier nicht als Inspiratoren in Frage). Interessanter dürfte aber die Frage nach der Herkunft des orientalisch angehauchten Mariengesangs, der das Intro des ersten Demos bildet und dort in einer Kriegsgeräuschkulisse mündet, sein. Kurioserweise outen sich Musical Massacre darüber hinaus als Fans des Wörtchens "of" - gleich fünf von sieben Songs des zweiten Demos beinhalten dieses Wort im Titel, dazu drei von acht des ersten Demos und zwei von vier des Proberaummitschnitts. Rein stilistisch hat sich über die zwölfeinhalb Monate, die zwischen den drei Aufnahmen liegen, bei Musical Massacre wenig geändert, die jüngeren Tracks machen lediglich eine gewisse gestiegene Reife bei der Gestaltung von Tempowechseln deutlich, und Silvio Zeller setzt in seinem tiefen Gebrüll zumindest ansatzweise verschiedene Tonlagen ein, während das alte Material noch weitgehend in ein und derselben Lage gehalten ist. Interessanterweise kommen aber auch in den Tracks des ersten Demos schon längere Akustikpassagen vor, und in "Macabre Ritual Of The Sadistic Executor" finden diese auch tatsächlich Eingang in die Grundstruktur des Songs, was die Gestaltung der ersten Strophen angeht. "In The Grip Of Inquisition" wiederum dürfte der doomigste Song der Bandgeschichte sein (die späten Prügeleinlagen wirken ein wenig bemüht). "Reverend Of Hel" und "Nosferatu" sind zweimal vertreten, nämlich auf dem ersten Demo und auf dem Proberaummitschnitt, so daß der Interessent auch hier Vergleiche anstellen kann (beide Aufnahmen liegen nur etwa einen Monat auseinander); der Sound dieser beiden Quellen kann mit dem des zweiten Demos nicht mithalten, ist aber trotzdem durchaus hörbar (da sind deutlich schlechter klingende Aufnahmen als Kult geltender skandinavischer Bands im Umlauf). Die Liner Notes datieren den Proberaummitschnitt übrigens irrig auf Anfang 1991, während das eine Seite weiter vorn abgebildete Inlay des Tapes den 6.10.1991 ausweist. Neben den strukturellen Angaben und den vier Seiten Bandhistory gibt es auch noch einige Fotos der alten und der seit 2012 aktiven Besetzung, wobei das große alte Bandfoto auf der Rückseite dann doch unfreiwillig zum Schmunzeln animiert, wenn man da den linken Gitarristen mit Schnauzbart und im (vermutlich selbst hergestellten) Beherit-Shirt mit umgedrehtem Kreuz sieht und dazu seine Leopardenmuster-Gitarre erblickt. Der etwas bedröppelt dreinblickende Schlagzeuger, der mit den Sticks ein umgedrehtes Kreuz zu formen versucht, und der Bassist, der ganz offensichtlich nicht wußte, was er mit seinen Händen anfangen sollte, machen die unfreiwillige Komik komplett. Zumindest im musikalischen Sinne wußte das Quintett schon eher zu überzeugen und stand bekannteren Genrevertretern durchaus nicht nach, so daß sich diese Ausgrabung für Death-Metal-Anhänger, die sich an der unangenehmen Optik nicht stören, durchaus lohnt. Zwei Bandmitglieder gründeten nach dem Aus 1993 eine neue Band, die sie im offensichtlichen Unwissen über den früheren Iced-Earth-Namen Purgatory nannten und mit der sie noch heute aktiv sind, im Gegensatz zu Musical Massacre, die ihr Schaffen mittlerweile mit ironischer Distanz bewerten, aber etwas arg viel Bierernst und Sendungsbewußtsein an den Tag legen, wie die beiden Interviews im Eisenblatt Nr. 11 gezeigt haben.

(geschrieben von Roland Ludwig im Dezember 2015)

 
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