Auch in der DDR-Metalszene fand die "Schneller-härter"-Bewegung rasch Verbreitung, sowohl unter den Fans als auch unter den Bands,
und so entstand mit etwas Verzögerung zu den westlichen Ländern auch hier eine entsprechende Subkultur, die sich selbst innerhalb
der Metalszene etwas von "kommerzielleren" Bands wie Cobra abzugrenzen pflegte. Mangels kulturpolitischer Akzeptanz und anderer
Möglichkeiten konnte allerdings keine der damaligen härteren Bands dauerhaft Erfolge feiern, von Löwenherz, die noch heute unter
dem Namen Manos Kultstatus besitzen, und den zu Moshquito umgewandelten Argus einmal abgesehen. Im Falle von Deathtrap kam noch
ein anderes strukturelles Problem dazu, nämlich die politische Wende. Das Quartett, dessen Mitglieder schon zuvor bei Helion und
Misanthropy Banderfahrung gesammelt hatten, gründete sich justament im schicksalsschweren Herbst 1989, und in den Folgemonaten hatten
die DDR-Metalanhänger erstmal zu tun, ihre Tonträgersammlungen mit all dem auszustatten, was man vorher aus dem Westen nicht oder
nur als fünfte, nur noch rauschende Kassettenkopie bekommen konnte. Auch Deathtrap selbst streckten ihre Fühler nach dem Westen aus,
konnten auch diverse Kontakte zu Bands knüpfen und gemeinsame Konzerte spielen, aber auf dem Konservenmarkt kam man nicht zum Zuge:
Die Band geriet an eine eher zwielichtige Firma und hatte 1990 bereits eine Mini-LP aufgenommen, die aber letztlich nie veröffentlicht
wurde. 1991, nach einem Drummerwechsel, spielten die Freiberger schließlich ihr letztes Konzert als Opener für Cannibal Corpse.
Das rührige Label German Democratic Recordings sorgt nun dafür, daß wieder mal eine vergessene Ostband dem Dunkel der Geschichte
entrissen wird, und das lohnt sich wie eingangs beschrieben vor allem für Freunde der härteren Gangart. Deathtrap hatten sich dem
Thrash Metal verschrieben, und gleich der Opener "Squad Of Napalm" macht nach dem düsteren Chorgesangsintro keine Gefangenen:
Hyperschnelles Tempo und dazu Steven Mondrzejewskis extremer Fauchgesang sorgen dafür, daß von Anfang an alles klar zu sein scheint.
"Zu sein scheint" deshalb, weil viele der folgenden Tracks doch etwas vielschichtiger daherkommen, zum Teil mit der kontrollierteren
Herangehensweise des Spätachtziger-Thrashs kokettieren, auch traditionelle Metaleinflüsse in der Gitarrenarbeit zulassen und damit
auch für Hörerschichten der nicht ganz so extremen Sorte zugänglich werden, wenn, ja, wenn diese eben nicht schon nach dem fauchenden
Opener wieder ausgeschaltet haben. Der besagte Opener gehört zum Material der bereits erwähnten Mini-LP, die aus insgesamt sechs
Tracks bestand. Die Kombination aus nach wie vor vorhandener unbarmherziger Härte und den erwähnten anderen Einflüssen läßt sich
beispielsweise an "District Of Torment" sehr schön nachvollziehen, das die absteigenden Gitarrenleads aus dem wilden Intro später
auch nochmal in fast traditionsmetallisch geprägter Umgebung darbietet. Damalige Beschreibungen, auf der CD übrigens auch in Audioform
verewigt, lauten auf eine Mixtur aus Kreator und Sepultura, und das ist zu einem gewissen Teil auch richtig, wenn man eben die
traditionelleren Einflüsse hinzurechnet, die es bei Kreator in dieser Form so nie gab und die auch Sepultura-Max einzubasteln vermied
(und sich statt dessen in anderen Stilistika bediente). Die nächsten fünf Tracks gehören zum Anfang 1990 aufgenommenen Demo "Trapped
In Pain". Einem Akustikgitarrenintro folgt hier ein überraschend zurückhaltender Track namens "Love To Sadism" (in Tateinheit mit
etlichen anderen Songtiteln assoziierend, daß Deathtrap auf schöngeistiges Textgut keinen gesteigerten Wert legten), in dem der Sänger
noch deutlich tiefer brüllt, aber im Refrain auch plötzliche spitze Schreie von sich gibt, die ihn eher für eine Power-Metal-Band
qualifizieren würden (er brachte die übrigens auch live). Die thrashige Marschrichtung kommt dann erst im Schlußteil zum Tragen und
bricht sich dann in den nächsten Songs deutlicher Bahn, wobei der Sänger bei der tieferen und kurioserweise auch verständlicheren
Artikulation bleibt, während vor allem der Drumsound des im Demostudio Finsterwalde innerhalb von drei Tagen eingespielten und gemixten
Materials selbst nach damaligen Demo-Maßstäben nicht als sonderlich gelungen einzustufen ist, so daß die Snare in "66 Days Till Execution"
eher wie ein wildgewordenes Uhrwerk klingt. Interessanterweise gibt das Booklet für die Studioaufnahmen Olaf Gerold als einzigen
Gitarristen und Mondrzejewski nur als Sänger an, im Proberaum und auf Konzerten scheint der Frontmann aber die zweite Gitarre bedient
zu haben. Die nächsten neun Songs entstammen nämlich diesen Quellen, wobei sich einige mit den anderen Aufnahmen doppeln. Die ersten
fünf wurden im Proberaum mitgeschnitten, wobei einige noch im Erarbeitungsstadium gewesen sein dürften, da noch kein Gesang zu hören ist.
Sollten sie tatsächlich als Instrumentalstücke gedacht gewesen sein, wäre das eine gehörige Überraschung, allerdings nicht ganz unerklärlich,
wenn man beispielsweise an das mögliche Vorbild "For A Thousand Beers" vom 1987er Tankard-Album "Chemical Invasion" denkt. Jedenfalls
funktionieren sowohl das vierminütige "Cries Of The Damned" als auch das über sechseinhalbminütige "Bacterial Gnaw (The Bloody Side Of
Mankind)" und erstaunlicherweise sogar das über zehnminütige (!) "Endoplasmatic Process" ohne Vocals ganz ausgezeichnet und könnten
zudem auch Menschen gefallen, denen der Deathtrap-Gesang in allen seinen Ausprägungen zu extrem ist. Schade, daß da nie eine offizielle
Aufnahme zustandegekommen ist - das wäre interessant geworden. Die vier Livesongs aus Conradsdorf sind soundlich nicht so das Gelbe vom Ei,
vor allem die Drums ballern einiges nieder, und die Unterhaltungen der Konzertbesucher bilden eine eher ungeplante Klangkulisse. Aber von
der Energie eines Deathtrap-Gigs können die Aufnahmen sehr gut Zeugnis ablegen, und zudem machen sie klar, daß die Unterschiede im Gesang
offensichtlich zeitbedingt sind: Mondrzejewski hat seine Vocals schrittweise in Richtung des hier auch bei älteren Songs wie "Perceptible
Mind" oder "Love To Sadism" zu hörenden höheren Gefauches weiterentwickelt. Die letzten beiden der insgesamt 22 Songs (Spielzeit:
reichlich 78 Minuten) stellen Rough Mixes der Mini-LP-Aufnahmen dar. Das Booklet beinhaltet ein Interview mit Gitarrist Olaf Gerold,
das auch schon im Eisenblatt-Zine zu lesen war, Infos zu den Aufnahmen und zahllose alte Fotos und Dokumente, und nur das etwas
unbeholfen-naiv wirkende Covergemälde kann das insgesamt durchaus achtbare Level dieser Ausgrabung nicht halten.
(geschrieben von Roland Ludwig im Februar 2012)
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