Hendrik Rosenberg von GDRecordings, der unter anderem das Werk von MOSHQUITO im Programm hat, ist wieder einmal in die Katakomben
der Geschichte des Metal in der DDR hinabgestiegen. Dieses Mal hat er alle auffindbaren Aufnahmen der Hallenser Legende PANTHER
ausgegraben. Es fanden sich ganz frühe Proberaummitschnitte, zwei Demos und ein Song, der von Jürgen Matkowitz (PRINZIP) für den
Rundfunk der DDR produziert wurde, das titelgebende ´Höllenfeuer´.
Wer sich jetzt dafür interessiert, sollte sich einiger Dinge klar sein: Der Sound entspricht nicht heutigen Hörgewohnheiten.
Der Hörer sollte sich vor Augen halten, wo und wann diese Aufnahmen entstanden sind. Dann wird klar, es kann nicht nach einer
Edelproduktion tönen. Unter den technischen Möglichkeiten in der DDR jener Zeit ist sogar überraschend, wie gut mancher Song klingt.
Zum Teil ist der Klang besser als die gute und gleichzeitige ´And Justice For All´.
Das Songwriting ist obendrein teilweise nicht recht ausgereift. Klar, es waren junge Leute, die ihre ersten Schritte als Band machten.
Da fehlte sicher noch die Routine, die Erfahrung. Auch spielerisch könnte man Mangel ankreiden. So manches Break wirkt dann doch
etwas holprig, nicht jedes Solo sitzt perfekt. Aber es geht auch nicht um Perfektionismus. Aus jedem, auch dem schwächsten Song
hört man das Herzblut und die Leidenschaft. Ohne Herzblut und Leidenschaft wären diese Songs sicher nicht möglich gewesen.
Eigentlich starteten PANTHER mit Inspirationen durch RUNNING WILD und GRAVE DIGGER. Davon ist jedoch nichts zu hören, denn schnell
bewegten sich die Wildkatzen in Richtung Thrash im Gefolge von SODOM und DESTRUCTION. Dazu kommen ein paar Einflüsse aus dem Punk.
Einige Stücke sind mit kurzen akustischen Einsprengseln gewürzt. Der Gesang (es sind mehrere Sänger zu hören) bewegt sich zwischen
aggressivem Schreien und deathigen Growls. Der ´Madhouse Song´ startet mit einem Basssolo, dass sich an ´Anesthesia (Pulling Teeth)´ anlehnt.
Leider ist kaum ein Text wirklich verständlich. Allerdings verraten die Songtitel einiges. Es gibt Geschichten aus dem alltäglichen
Leben eines Heranwachsenden (wahrscheinlich sogar auf beiden Seiten der Mauer), wie in ´Prüfungsstreß´. Klassische Politparolen,
die möglicherweise so gewollt waren, um mit beim System nicht komplett anzuecken, findet man in ´Shame For America´. Klassische
Thrash-Titel finden sich bei ´Total Chaos´ oder ´Empire Of Death´. Das eher punkige ´Biervernichter´, textlich zumindest von
heutiger Warte peinlich und musikalisch eher fragwürdig, ist – wie der Name erwarten lässt – eben der Song zur Biervernichtung.
´Hermann´ erzählt im Gegensatz dazu aus dem Leben eines Alkoholikers. Neben englisch und deutsch tauchen in ´Andalusien Terror´
auch spanische Lyrics auf.
Trotz erwähnter Einschränkungen, mir macht diese CD richtig Spaß. Da ich PANTHER in meiner Jugend (im Gegensatz zu anderen DDR-Bands)
nicht kennenlernen konnte, nicht einmal an den Radiosong ´Höllenfeuer´ kann ich mich erinnern, ist das eine richtig spannende Entdeckung.
Dass unter 25 Tracks nicht jeder gleich gut zündet, ist klar. Dennoch finden sich einige Perlen. Man muß sich überlegen, unter welch
widrigen Bedingungen hier musiziert wurde. Solche Bedingungen können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen. Sie herrschen vielleicht
noch in Indien oder Südamerika. Technische Mängel mußten mit Elan und Herzblut kompensiert werden. Also sollte der Hörer großzügig
über einige Kleinigkeiten hinweg sehen.
Ein zusätzliches Kaufargument sind die ausführlichen Linernotes des ausgewiesenen Ost-Metal-Experten und Ex-Radiomoderators Matthias Hopke.
Von einer Punktevergabe will ich an dieser Stelle absehen, lege Euch dennoch ans Herz, sich mit diesem Tondokument zu beschäftigen.
(geschrieben von Mario Wolski, online erschienen)
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